Die evangelische Kirche in Langenau

 

Lange Zeit stand die evangelische Kirche in Langenau dem Verfall preisgegeben, trostlos als Ruine an der Dorfstraße. Die Fenster fehlten, das Dach war defekt, der Steinboden abgetragen. Die Längsseite zur Dorfstraße neigte sich gefährlich zur Straße hinüber. Im September 2002 ist sie letztendlich eingestürzt oder abgebrochen worden. Daher soll an dieser Stelle noch einmal über sie berichtet werden.

 

Von 1714 bis zu seinem Tod am 15. Juli 1748 war Christoph Ferdinand Freiherr von Glaubitz der Besitzer des Gutes Langenau und in dieser Eigenschaft auch der Stifter der evangelischen Kirche in Langenau. Nach der Inbesitznahme Schlesiens durch Friedrich den Großen

verfasste er das Bittschreiben zur Einsetzung eines Predigers, das folgende Unterschriften trug:

 

Christoph Ferdinand Freiherr von Glaubitz, Erbherr auf Langenau

David Binner, Gerichts-Scholze in Langenau

Johann Christian Klemm, Gerichtsschreiber in Langenau

Christian Ketzler, Gerichts-Scholze in Flachenseiffen

Christoph Schneider, Gebiet-Scholz in Nieder-Langenau

Mstr. Gottlieb Giller, Ober-Müller in Langenau

 

Am 15. Februar 1741 wurden der Gerichtsscholze David Binner und der Obermüllermeister Gottlieb Giller mit diesem Brief auf den Weg geschickt und nach erfolgter königlicher  Genehmigung vom 9. März 1742 baute man zunächst den langen Saal des Langenauer Schlosses zum Bet-Saal um. Dabei handelte es sich um den Saal, in dem im Jahr 1574 (oder 1575) die Religionsgespräche mit Matthias Flacius Illyricus fortgesetzt wurden, nachdem sie auf der Burg Lehnhaus ergebnislos verlaufen waren.

 

Der erste Prediger in Langenau war Johann Gottfried Hensel, der am 4. April 1720 in Neudorf am Gröditzberg geboren wurde. Seine Ordination erfolgte am 18. April 1742 in Breslau, und am 22. April 1742 hielt er seine Antrittspredigt in Langenau. Ein Jahr später wurden dann die ersten Schritte für den Bethaus-Bau unternommen und am 15. Mai 1743 erfolgte die Grundsteinlegung. Der Maurermeister hieß Schubert und kam aus Maiwaldau, der Zimmermeister war Johann Christoph Stumpe aus Flachenseiffen. Der Freiherr von Glaubitz unterstütze den Kirchenbau durch ansehnliche Geschenke, und die Gemeindemitglieder leisteten Hand- und Fuhrdienst. So kam der Bau gut voran und die feierliche Einweihung konnte am 1. Advent des Jahres 1744 durch den Inspektor M. Christian Kahl aus Hirschberg vorgenommen werden. Es handelte sich um ein massives, ovales Kirchengebäude, dessen Dach mit Schindeln gedeckt und mit mehreren Gauben geschmückt war.

 

Die Spendenbereitschaft war wie vielerorts zu dieser Zeit sehr groß. Der Freiherr von Glaubitz stiftete eine Fundation über 1.000 Floren, von der der Kirche jährlich 50 Floren zur Verfügung gestellt wurden. Seine Ehegattin Helene Sophie, eine geborene von Nostitz, legierte 30 Rthl., die zur Bezahlung des Schulgeldes für zwei arme Kinder verwendet werden sollten. Deren Tochter Henriette Sophie, verheiratete von Schweinitz, gab bei ihrem Tod ein weiteres Legat über 50 Rthl. für arme Schulkinder sowie 100 Rthl. für bedürftige Arme der Ortschaften Langenau und Flachenseiffen.

 

Auch die Gemeindemitglieder trugen, den eigenen wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechend, ihren Teil bei:

Die Kanzel ließ der Bauer Christoph Kohlt aus Nieder-Langenau anfertigen, und der Mälzer- und Brauermeister Gottlieb Gottschling ließ sie staffieren. Der Beichtstuhl wurde vom Fleischhauer und Gerichtsscholzen David Binner angeschafft. Den Taufengel gab der Bäcker und Schenker Gottlieb Stumpe in Auftrag, und die erste Orgel ließ der herrschaftliche Mundkoch Christoph Burghard staffieren. Der Obermüllermeister Gottlob Gebauer schenkte einen gläsernen Kronleuchter, Gottfried Järschke aus Flachenseiffen einen weiteren aus Messing und Anna Rosina Gottschling den kleinen über dem Chor. Die Sanduhr auf der Kanzel stammte vom Fleischhauer Casper Binner und die große Nürnberger Bibel auf dem Altar von drei Personen aus Flachenseiffen, nämlich von Frau M. Baumert, Herrn G. Speer und Frau A. M. Speer.

 

Bereits im Jahr 1767 wurde die neue Orgel mit 16 Stimmen angeschafft und am Sonntag Cantate zum ersten Mal gespielt. Als nächstes erfolgte eine Veränderung der Kanzel und die Anlegung und Staffierung der Taufkapelle.

 

Im Jahr 1770 schenkte Sigmund Schulze aus Flachenseiffen der Kirche die Baustelle, auf der das neue Schulhaus gebaut wurde.

 

Auch in der Folgezeit erhielt das Gotteshaus wertvolle Geschenke. So kaufte Christian Schulze ein zinnernes Kruzifix für den Altar; vom Fleischhauermeister und Gerichtsgeschworenen Johann Christoph Hoffmann und seiner Tochter Johanna Juliana stammten die Blumennäpfe auf dem Altar. Der Mälzer- und Brauermeister Gottlieb Gottschling schenkte eine silberne, inwendig vergoldete Kanne für die heilige Kommunion, und der Kirchenvorsteher Georg Friedrich Rüffer ein paar große zinnerne Altarleuchter. Eine neue Kirchenagenda erhielt die Kirche durch den Fleischhauermeister und Gerichts-Kretschmer Gottfried Werner aus Flachenseiffen und ein seidenes Altartuch mit silbernen Spitzen durch einige Jungfern aus Flachenseiffen.

 

Als im Jahr 1792 das 50jährige Jubiläum der Kirche anstand, bat Prediger Ernst Lebrecht Traugott Pinzger um Unterstützung zur Staffierung der Kirche; ein Wunsch, dem sowohl die Herrschaft als auch die ganze Kirchengemeinde gern nachkam. Darüber hinaus wurden der evangelischen Kirche noch weitere Geschenke gemacht:

- das Portrait des dritten Predigers an dieser Kirche, Christian Benjamin Pinzger, von der

  Flachenseiffener Gerichtsbank und dem Gerichts-Kretschmer Mstr. Werner

- ein gläserner Kronleuchter von der Langenauer Jugend

- eine Decke über das Taufbecken und eine zinnerne Taufkanne von den Langenauer Schul-

  kindern

- ein Paar neue Waldhörner vom Garnsammler Christian Benjamin Schulze dem Jüngeren

  aus Flachenseiffen

- eine seidene Jubelfahne und zwei neue Trompeten von der Flachenseiffener Jugend

- eine Decke über die Pauken von den Flachenseiffener Schulkindern

- sechs gläserne Spiegelwandleuchter von der Tschischdorfer Jugend

- zwei gläserne Spiegelwandleuchter von zwei ungenannten Geschwistern

 

Im 19. Jahrhundert vermachte der kinderlose Kantor Zahn sein Vermögen der Kirche. Darunter war eine Stiftung für den Kirchturm, die im Jahr 1910 so weit angewachsen war, dass mit dem Bau begonnen werden konnte. Der Turm erhielt zu allen vier Seiten eine Uhr. Die Grundsteinlegung erfolgte am 24. April 1910, und mit der Fertigstellung wurde am 1. Advent des Jahres gerechnet, aber bereits am 1. Oktober 1910 konnten die drei Glocken (d, f, as) eingehängt werden. Die Freude darüber währte leider nicht lange, denn auch die Langenauer-Flachenseiffener Kirchengemeinde musste ihren Beitrag zum 1. Weltkrieg leisten. In „Der Bote aus dem Riesen-Gebirge“ vom 30. Juni 1917 heißt es:

 

„Langenau, 29. Juni. Glockenabschied. Die beiden größten der drei Glocken der evangelischen Kirche, die erst 1910 auf den neuerbauten Glockenturm aufgezogen worden waren, sind nun auch dem Kriege geopfert worden. Dienstag abend fand nach einstündigem Läuten im Gotteshause eine erhebende Feier statt, wobei der Ortsgeistliche Pastor Peter Abschiedsworte und Wünsche sprach. (Die beiden kleineren Glocken auf der katholischen Kirche sind bereits eingezogen worden.)“

 

Die Kirche selbst wurde im Jahr 1911 vollständig umgebaut.

 

Etwa 1922 wurde ein neues Stahlgeläut mit e, gis und h in den Glockenturm gesetzt, weil räumlich keine größere als die e-Glocke unterzubringen war. Die aus dem Jahr 1910 verbliebene as-Glocke fand weitere Verwendung in Kupferberg, von wo sie allerdings im 2. Weltkrieg abgefordert wurde.

 

Zum Inneren der Langenauer Kirche kann noch angemerkt werden, dass sie mit Bildern von fast allen der amtierenden Pastoren geschmückt wurde:

- Johann Gottfried Hensel (1742-1771)

- Christian Benjamin Pinzger (1781-1788)

- Ernst Leberecht Traugott Pinzger; Bruder des Vorgängers; Verfasser der Jubelschrift von

  1792 (1789-1808)

- Samuel Gottlob Mehwald (1809-1833)

- Gustav Matthäus Schweyer (1835-1878)

- Friedrich Peter (1901-1934)

 

Von all dem Schmuck ist heute nichts mehr vorhanden. Die Jahrzehnte, in denen das Kirchengebäude unbenutzt blieb, sind nicht spurlos daran vorbei gegangen. Mit der Langenauer Kirche haben wir ein weiteres Zeugnis schlesischer Geschichte, schlesischen Glaubens und schlesischer Opferbereitschaft verloren. Nur der massive, aber heute ebenfalls nutzlose Turm erinnert noch an die alten Zeiten, in denen an diesem Ort Erbauung, Hoffnung und Trost gesucht und gespendet wurde, freudige Ereignisse gefeiert, aber auch schlimme Zeiten miteinander durchlitten wurden. Möge die Kirchengemeinde ihr Gotteshaus in guter Erinnerung behalten!

 

 

 

 

Doris Baumert, Mai 2004

 

Die erste Veröffentlichung erfolgte in der Festschrift des Heimatbund Kreis Löwenberg e. V. anlässlich des 32. Heimattreffen des Kreises Löwenberg im August 2004.